Die Stuttgarter Rede des US-Außenministers James F. Byrnes am 6. September 1946


von links: James F. Byrnes, Robert Murphy (Political Advisor), Senator Arthur Vandenberg, Senator Tom Connally, General Joseph McNarney
 


Einführung

Der Militärgouverneur der amerikanischen Besatzungszone, General Lucius D. Clay (1897-1978) drängte Byrnes, seine Rede in Stuttgart zu halten. Byrnes wollte ursprünglich in Paris sprechen, wo der Rat der Außenminister (CFM) der alliierten Mächte von April bis Juni 1946 tagte. Außenminister Byrnes, der sowjetische Außenminister Wjatscheslaw M. Molotow (1890 -1986), der britische Außenminister Ernest Bevin (1881-1951) und der französische Außenminister Georges Bidault (1899 -1983) nahmen daran teil. Molotow hatte auf der Pariser Konferenz am 10. Juli 1946 ein vereintes Deutschland angeboten. Die Rede von Byrnes wurde - seitens der USA - als eine Antwort auf diesen Vorschlag Molotows für notwendig erachtet. Byrnes erteilte General Clay den Auftrag, den Entwurf einer Konzeption für die US-Politik in Deutschland abzufassen. General Clays Entwurf wurde auf den 19. Juli 1946 datiert und bildete die Grundlage von Byrnes "Rede der Hoffnung".

General Clay amtierte seit 1945 als Stellvertreter des US-Oberkommandierenden für Europa und Deutschland, General Dwight D. Eisenhower. Er folgte dessen Nachfolger General Joseph McNarney zwischen 1947 und 1949 als US-Oberkommandierender in Europa und Militärgouverneur in deramerikanischen Besatzungszone Deutschlands nach und betätigte sich als Mitinitiator und Organisator der Luftbrücke während der BerIiner Blockade. 1961/1962 fungierte er als persönlicher Beauftragter Präsident Kennedys in der Berlin-Frage.
 

"Ich bin nach Deutschland gekommen, um mich an Ort und Stelle über die mit dem Wiederaufbau Deutschlands verbundenen Probleme zu orientieren und die Ansichten der Regierung der Vereinigten Staaten über einige der vor uns liegenden Probleme mit unseren Vertretern in Deutschland zu besprechen. Wir Amerikaner haben diesen Problemen beträchtliche Zeit und Aufmerksamkeit gewidmet, weil von ihrer erfolgreichen Lösung nicht nur das künftige Wohlergehen Deutschlands, sondern auch das Europas abhängt.

Wir haben wohl oder übel lernen müssen, daß wir alle in einer Welt leben, von der wir uns nicht isolieren können2): Wir haben gelernt, daß Frieden und Wohlergehen unteilbar sind und daß Frieden und Wohlergehen in unserem Land nicht auf Kosten des Friedens und Wohlergehens eines anderen Volkes erkauft werden können.

Ich hoffe, daß das deutsche Volk nie wieder den Fehler machen wird, zu glauben, daß das amerikanische Volk, gerade weil es den Frieden liebt, in der Hoffnung auf Frieden abseits stehen wird, wenn irgendeine Nation Gewalt anwendet oder mit Gewalt droht, um die Herrschaft über andere Völker oder Regierungen zu erlangen.

Im Jahre 1917 wurden die Vereinigten Staaten zur Teilnahme am ersten Weltkrieg gezwungen. Nach diesem Krieg weigerten wir uns, dem Völkerbund beizutreten.3) Wir glaubten, uns den europäischen Kriegen fernhalten zu können, und verloren das Interesse an europäischen Angelegenheiten. Dies schützte uns aber nicht davor, zum Eintritt in den zweiten Weltkrieg gezwungen zu werden. Wir wollen jenen Fehler nicht wiederholen. Wir sind entschlossen, uns weiter für die Angelegenheiten Europas und der Welt zu interessieren. Wir haben zur Organisation der Vereinten Nationen beigetragen4) und glauben, daß dadurch Angreifernationen davon abgehalten werden, Kriege anzufangen. Weil wir das glauben, wollen wir die Vereinten Nationen mit unserer ganzen Macht und allen unseren Hilfsquellen unterstützen.

Das amerikanische Volk will den Frieden. Es hat schon seit langem nicht mehr von einem strengen oder milden Frieden für Deutschland gesprochen.

Darauf kam es auch niemals wirklich an. Was wir wollen, ist ein dauerhafter Friede. Wir werden uns gegen zu harte und von Rachsucht diktierte Maßnahmen wenden, die einem wirklichen Frieden im Wege stehen. Wir werden uns zu milden Maßnahmen widersetzen, welche zum Bruch des Friedens einladen.

Als die Vereinigten Staaten in Potsdam5) der Entwaffnung und Entmilitarisierung Deutschlands zustimmten und als sie vorschlugen, dafür zu sorgen, daß Deutschland für die Dauer einer Generation entwaffnet und entmilitarisiert bleibt, waren sie sich auf der ihnen und ihren Hauptverbündeten ruhenden Verantwortung für die Aufrechterhaltung und gesetzmäßigen Durchführung des Friedens wohl bewußt.

Die Befreiung vom Militarismus wird dem deutschen Volke Gelegenheit geben, seine großen Kräfte und Fähigkeiten den Werken des Friedens zuzuwenden.6) Es braucht sie nur zu ergreifen. Sie gibt ihm die Gelegenheit, sich der Achtung und Freundschaft friedliebender Völker würdig zu erweisen und eines Tages einen ehrenvollen Platz unter den Mitgliedern der Vereinten Nationen einzunehmen.

Es liegt weder im Interesse des deutschen Volkes, noch im Interesse des Weltfriedens, daß Deutschland eine Schachfigur oder ein Teilnehmer in einem militärischen Machtkampf zwischen dem Osten und dem Westen wird. Zweimal in einer Generation haben der deutsche Militarismus und der Nazismus die Gebiete von Deutschlands Nachbarn verwüstet. Es ist nur recht und billig, daß Deutschland sein Teil dazu beitragen soll, diese Verwüstungen wieder gutzumachen. Die meisten Opfer der Naziaggression waren vor dem Krieg weniger begütert als Deutschland. Deutschland darf nicht erwarten, daß diese Opfer ohne fremde Hilfe die Hauptkosten dieser Naziüberfälle tragen sollen.

Die Vereinigten Staaten sind daher bereit, die in den Potsdamer Beschlüssen über die Entmilitarisierung und die Reparationen niedergelegten Grundsätze in vollem Umfange durchzuführen.7) Wenn Deutschland jedoch nicht in der in den Potsdamer Beschlüssen vorgesehenen und geforderten Weise als wirtschaftliche Einheit verwaltet wird, müßten an dem von der Alliierten Kontrollkommission8) genehmigten Industrieniveau Änderungen vorgenommen werden.

Die Grundlage der Potsdamer Beschlüsse war, daß im Rahmen eines kombinierten Entmilitarisierungs- und Reparationsprogramms Deutschlands Kriegspotential durch Ausschaltung und Demontage seiner Kriegsindustrie und durch Verminderung und Beseitigung schwerindustrieller Anlagen herabgesetzt werden sollte. Es war vorgesehen, dies soweit durchzuführen, daß Deutschland ein Industriepotential belassen bliebe, welches ihm die Aufrechterhaltung eines durchschnittlichen europäischen Lebensstandards ohne die Hilfe anderer Länder ermöglicht.

Die auf diese Weise zu entfernenden Fabriken sollten als Reparationen an die Alliierten abgeliefert werden. Die aus der russischen Zone zu entfernenden Fabriken sollten der Sowjetunion und Polen zufallen, während die aus den westlichen Zonen zu entfernenden Fabriken teilweise der Sowjetunion, in der Hauptsache jedoch den westlichen Alliierten zufallen sollten. Ferner wurde eine Aufteilung des deutschen Vermögens im Ausland unter den Alliierten vorgesehen.

Nach langen Verhandlungen einigten sich die Alliierten über den Stand, auf den die hauptsächlichsten deutschen Industrien zwecks Durchführung der Potsdamer Beschlüsse herabgesetzt werden sollten. Auf diesen Stand einigte man sich in der Annahme, daß Deutschlands einheimische Hilfsquellen für eine auf gerechter Grundlage erfolgende Verteilung an alle Deutschen in Deutschland zur Verfügung stehen sollten, und daß die für den Verbrauch in Deutschland nicht benötigten Erzeugnisse der Ausfuhr zur Verfügung stehen sollten, um damit die erforderliche Einfuhr zu bezahlen.

Bei Festsetzung des zulässigen Standes der Industrie wurden keinerlei Reparationsleistungen aus der laufenden Produktion vorgesehen. Aus der laufenden Produktion erfolgende Reparationsleistungen würden mit dem nach den Potsdamer Beschlüssen festgesetzten Stand der Industrie völlig unvereinbar sein. Offensichtlich hätte ein höherer Stand der Industrie festgesetzt werden müssen, wenn Reparationen aus der laufenden Produktion beabsichtigt gewesen wären. Der Stand der Industrie, wie er festgesetzt worden ist, reicht nur aus, das deutsche Volk in die Lage zu versetzen, sich selbst zu versorgen und einen Lebensstandard aufrecht zu erhalten, der den durchschnittlichen Lebensverhältnissen in Europa annähernd gleichkommt. Dieser Grundsatz bedeutet erhebliche Härten für das deutsche Volk, aber er verlangt von ihm lediglich, die Härten zu teilen, die der Angriff der Nazis dem Durchschnittseuropäer auferlegt hat.

Dem deutschen Volk wurde jedoch nicht die Möglichkeit genommen, sein Los im Lauf der Jahre durch harte Arbeit zu verbessern. Eine industrielle Entwicklung und industrieller Fortschritt wurden ihm nicht verweigert. Gleich den Völkern anderer verwüsteter Länder sollte das deutsche Volk den Wiederanfang mit einer Friedenswirtschaft machen, die nicht imstande ist, ihm mehr als den durchschnittlichen europäischen Lebensstandard zu gewähren. Dabei sollte ihm nicht das Recht verwehrt bleiben, mögliche, auf Grund harter Arbeit und einfacher Lebensweise erworbene Ersparnisse für den Aufbau einer Industrie zu verwenden, die friedlichen Zwecken dient.

Dieses war der Grundsatz der Reparationen, wie Präsident Truman ihm in Potsdam zugestimmt hat. Die Vereinigten Staaten werden nicht ihre Zustimmung geben, daß Deutschland größere Reparationen leisten muß, als in den Potsdamer Beschlüssen vorgesehen wurde.

Die Durchführung der Potsdamer Beschlüsse ist jedoch dadurch behindert worden, daß der Alliierte Kontrollrat nicht die notwendigen Maßnahmen getroffen hat, um es der deutschen Wirtschaft zu ermöglichen, als Wirtschaftseinheit zu arbeiten. Die notwendigen deutschen Zentralverwaltungskörper sind nicht geschaffen worden, obgleich die Potsdamer Beschlüsse sie ausdrücklich verlangten.

Die gerechte Verteilung der lebenswichtigen Güter zwischen den einzelnen Zonen mit dem Ziel, eine ausgeglichene Wirtschaft in ganz Deutschland herbeizuführen, und den Einfuhrbedarf zu verringern, ist nicht in die Wege geleitet worden, obgleich die Potsdamer Beschlüsse auch dies ausdrücklich verlangten. Die Vorbereitung einer ausgeglichenen Wirtschaft in ganz Deutschland zur Beschaffung der für die Bezahlung genehmigten Einfuhr erforderlichen Mittel ist nicht erfolgt, obgleich auch dies die Potsdamer Beschlüsse ausdrücklich verlangen.

Die Vereinigten Staaten sind der festen Überzeugung, daß Deutschland als Wirtschaftseinheit verwaltet werden muß, und daß die Zonenschranken, soweit sie das Wirtschaftsleben und die wirtschaftliche Betätigung in Deutschland betreffen, vollständig fallen müssen.

Die jetzigen Verhältnisse in Deutschland machen es unmöglich, den Stand der industriellen Erzeugung zu erreichen, auf den sich die Besatzungsmächte als absolutes Mindestmaß einer deutschen Friedenswirtschaft geeinigt hatten. Es ist klar, daß wir, wenn die Industrie auf den vereinbarten Stand gebracht werden soll, nicht weiterhin den freien Austausch von Waren, Personen und Ideen innerhalb Deutschlands einschränken können. Die Schranken zwischen den vier Zonen Deutschlands sind weit schwieriger zu überwinden, als die zwischen normalen unabhängigen Staaten. Die Zeit ist gekommen, wo die Zonengrenzen nur als Kennzeichnung der Gebiete angesehen werden sollten, die aus Sicherheitsgründen von den Streitkräften der Besatzungsmächte besetzt gehalten werden, und nicht als eine Kennzeichnung für in sich abgeschlossene wirtschaftliche oder politische Einheiten.

Das war der Gang der Entwicklung, wie er in den Potsdamer Beschlüssen vorgesehen war, und das ist auch der Gang der Entwicklung, den die amerikanische Regierung mit ihrer ganzen Autorität verfolgen wird. Sie hat offiziell ihre Absicht ausgedrückt, die Wirtschaft ihrer eigenen Zone mit einer oder mit allen anderen zu vereinigen, die hierzu bereit sind.

Bis jetzt hat sich nur die britische Regierung bereit erklärt, mit ihrer Zone daran teilzunehmen. Wir begrüßen diese Zusammenarbeit aufs wärmste. Selbstverständlich soll diese Vereinigungspolitik nicht jene Regierungen ausschließen, die heute noch nicht zum Beitritt bereit sind, die Vereinigung steht ihnen zu jeder Zeit frei.9)

Wir treten für die wirtschaftliche Vereinigung Deutschlands ein. Wenn eine völlige Vereinigung nicht erreicht werden kann, werden wir alles tun, was in unseren Kräften steht, um eine größtmögliche Vereinigung zu sichern.

So wichtig auch die wirtschaftliche Vereinigung für die Gesundung Deutschlands und Europas ist, so muß das deutsche Volk doch einsehen, daß der Hauptgrund seiner Leiden und Entbehrungen der Krieg ist, den die Nazidiktatur über die Welt gebracht hat. Aber gerade, weil Leiden und Entbehrungen in Deutschland unvermeidlich sind, lehnt die amerikanische Regierung die Verantwortung für ein unnötiges Anwachsen der deutschen Not ab, die dadurch verursacht wird, daß es dem Alliierten Kontrollrat nicht gelingt, sich darüber zu einigen, dem deutschen Volk Gelegenheit zu geben, einige seiner dringenden wirtschaftlichen Probleme selbst zu lösen: in vielen lebenswichtigen Fragen wird Deutschland weder vom Kontrollrat regiert, noch gestattet ihm dieser, sich selbst zu regieren.

Für einen erfolgreichen Wiederaufbau Deutschlands ist eine gemeinsame Finanzpolitik wesentlich. Eine unkontrollierbare Inflation, begleitet von einer wirtschaftlichen Lähmung, ist fast mit Sicherheit zu erwarten, wenn keine gemeinsame Finanzpolitik zur Steuerung der Inflation besteht. Ein Programm drastischer Haushaltsreformen ist dringend erforderlich, um den Währungsumlauf und die Geldforderungen zurückzuschrauben, die Schuldenlast zu revidieren und Deutschlands Finanzen auf eine gesunde Grundlage zu stellen.

Die Vereinigten Staaten haben große Anstrengungen gemacht, um ein solches Programm zu verwirklichen, wenn aber eine verheerende Inflation verhindert werden soll, müssen völlig aufeinander abgestimmte Maßnahmen beschlossen und in allen Zonen einheitlich angewandt werden. Um ein Programm dieser Art wirksam durchzuführen, ist eine zentrale Finanzbehörde offensichtlich notwendig.

Es ist auch notwendig, daß ein Verkehrs-, Nachrichten- und Postwesen in ganz Deutschland ohne Rücksicht auf Zonenschranken eingeführt wird. Der sich auf ganz Deutschland erstreckende Aufbau dieser öffentlichen Einrichtungen war in den Potsdamer Beschlüssen beabsichtigt. Zwölf Monate sind vergangen, und nichts ist geschehen.

Deutschland benötigt die ganzen Nahrungsmittel, die es erzeugen kann. Vor dem Kriege konnte es nicht genug Nahrungsmittel für seine Bevölkerung erzeugen. Das Gebiet Deutschlands ist verkleinert worden. Die Bevölkerung Schlesiens zum Beispiel ist in ein verkleinertes Deutschland zurückgedrängt worden. Besatzungsarmeen und Zwangsverschleppte erhöhen den Bedarf, während der Mangel an landwirtschaftlichen Maschinen und Düngemitteln die Versorgungsmöglichkeit herabsetzt.10) Um die größtmögliche Erzeugung und die zweckmäßigste Verwendung und Verteilung der Nahrungsmittel, die erzeugt werden können, sicherzustellen, müßte eine zentrale Verwaltungsstelle für Landwirtschaft geschaffen werden und unverzüglich mit der Arbeit beginnen.

Ebenso ist die Schaffung einer zentralen deutschen Verwaltungsstelle für Industrie und Außenhandel dringend notwendig. Deutschland muß bereit sein, seine Kohle und seinen Stahl mit den befreiten Ländern Europas zu teilen, die von diesen Lieferungen abhängig sind.

Deutschland muß andererseits in die Lage versetzt werden, seine Fähigkeiten und Kräfte der Steigerung seiner industriellen Produktion dienstbar zu machen und für die zweckmäßigste Verwendung seiner Rohstoffe Sorge tragen zu können.

Deutschland muß die Möglichkeit haben, Waren auszuführen, um dadurch so viel einführen zu können, daß es sich wirtschaftlich selbst erhalten kann. Deutschland ist ein Teil Europas. Die Gesundung in Europa und besonders in den Nachbarstaaten Deutschlands wird nur langsam voranschreiten, wenn Deutschland mit seinen großen Bodenschätzen an Eisen und Kohle in ein Armenhaus verwandelt wird.

Nachdem die rücksichtslose Nazidiktatur zur bedingungslosen Kapitulation11) gezwungen worden war, gab es keine deutsche Regierung, mit der die Alliierten hätten verhandeln können. Die Alliierten mußten vorübergehend die Aufgaben des zertrümmerten deutschen Staates übernehmen, da sich die Nazidiktatur jeder wahren Rechenschaft dem deutschen Volke gegenüber enthoben hatte. Die Alliierten konnten die Führer und Günstlinge des Nazismus nicht in Schlüsselstellungen belassen, in denen sie ihren Einfluß wieder geltend gemacht hätten. Sie mußten gehen.

Es war jedoch niemals die Absicht der amerikanischen Regierung, dem deutschen Volk das Recht zu versagen, seine eigenen inneren Angelegenheiten wahrzunehmen, sobald es in der Lage sein würde, dies auf demokratische Art und unter aufrichtiger Achtung der Menschenrechte und grundsätzlichen Freiheiten zu tun.

Die nur wenige Monate nach der Kapitulation gefaßten Potsdamer Beschlüsse verpflichteten die Besatzungsmächte, die örtliche Selbstverwaltung wieder herzustellen und die Grundsätze einer gewählten Volksvertretung in den Verwaltungen der Bezirke, Provinzen und Länder einzuführen, und zwar so bald, wie es mit der militärischen Sicherheit und den Zwecken der militärischen Besetzung vereinbar ist.

Der Hauptzweck der militärischen Besetzung war und ist, Deutschland zu entmilitarisieren und entnazifizieren, nicht aber den Bestrebungen des deutschen Volkes hinsichtlich einer Wiederaufnahme seiner Friedenswirtschaft künstliche Schranken zu setzen.

Die Nazikriegsverbrecher sollten für die Leiden, die sie über die Welt gebracht haben, bestraft werden.12)Die in den Potsdamer Beschlüssen enthaltenen Grundsätze für die Reparationen und die industrielle Abrüstung sollten durchgeführt werden. Die Ziele der Besetzung sahen jedoch weder eine lang anhaltende ausländische Diktatur über die deutsche Friedenswirtschaft, noch eine lang anhaltende ausländische Diktatur über Deutschlands innerpolitisches Leben vor. Die Potsdamer Beschlüsse verpflichteten die Besatzungsmächte ausdrücklich, den Aufbau einer politischen Demokratie von Grund auf zu beginnen.

Die Potsdamer Beschlüsse sahen nicht vor, daß Deutschland niemals eine zentrale Regierung haben sollte. Sie bestimmten lediglich, daß es einstweilen noch keine zentrale deutsche Regierung geben sollte. Dies war nur so zu verstehen, daß keine deutsche Regierung gebildet werden sollte, ehe eine gewisse Form von Demokratie in Deutschland Wurzel gefaßt und sich ein örtliches Verantwortungsbewußtsein entwickelt hätte.

Die Potsdamer Beschlüsse bestimmten in weiser Voraussicht, daß die Verwaltung der deutschen Angelegenheiten auf eine Dezentralisierung der politischen Struktur und auf die Entwicklung örtlichen Verantwortungsbewußtseins gerichtet sein sollte. Dies sollte nicht die Weiterentwicklung zu einer zentralen Regierung verhindern, welche die erforderlichen Machtbefugnisse besitzt, um Angelegenheiten zu behandeln, die einheitlich für ganz Deutschland geregelt werden müssen. Dagegen bestand die Absicht, die Bildung einer stark zentralen Regierung zu verhindern, welche das deutsche Volk beherrschen würde, ohne seinem demokratischen Willen zu entsprechen.

Die amerikanische Regierung steht auf dem Standpunkt, daß jetzt dem deutschen Volk innerhalb ganz Deutschlands die Hauptverantwortung für die Behandlung seiner eigenen Angelegenheit bei geeigneten Sicherungen übertragen werden sollte.

Seit dem Ende der Feindseligkeiten ist mehr als ein Jahr vergangen. Die Millionen deutscher Menschen sollten nicht gezwungen werden, in Ungewißheit über ihr Schicksal zu leben. Die amerikanische Regierung ist der Ansicht, daß die Alliierten dem deutschen Volk unverzüglich die wesentlichen Friedensbedingungen klarmachen sollten, deren Annahme und Befolgung sie vom deutschen Volk erwarten. Wir sind der Ansicht, daß dem deutschen Volk Erlaubnis und Unterstützung gewährt werden sollten, die notwendigen Vorbereitungen für eine demokratische deutsche Regierung zu treffen, die in der Lage ist, diese Bedingungen anzunehmen und zu befolgen.

Die denkenden Menschen der Welt werden von jetzt ab die Tätigkeit der Alliierten in Deutschland nicht nach ihren Versprechungen, sondern nach ihren Leistungen beurteilen. Die amerikanische Regierung hat die für die Entnazifizierung und Entmilitarisierung Deutschlands erforderlichen Maßnahmen unterstützt und wird dies weiterhin tun. Sie glaubt jedoch nicht, daß große Heere ausländischer Soldaten oder ausländischer Bürokraten, wie gut ihre Ansichten und Disziplin auch sein mögen, aufdie Dauer die zuverlässigsten Beschützer der Demokratie eines anderen Landes sind.

Alles, was die alliierten Regierungen tun können und tun sollten, ist Richtlinien festzusetzen, nach denen sich die deutsche Demokratie selbst regieren kann. Die Zahl der alliierten Besatzungskräfte sollte so beschränkt werden, daß sie genügt, um die Befolgung dieser Richtlinien zu sichern.

Die Frage für uns ist, welche Kräfte notwendig sind, um die Sicherheit zu schaffen, daß Deutschland nicht wieder wie nach dem ersten Weltkrieg aufrüstet. Unser Vorschlag, einen Vertrag mit den Großmächten zu schließen, um ihn für 25 oder sogar 40 Jahre beizubehalten, hätte eine kleinere Besatzungsarmee möglich gemacht. Zu seiner Durchführung könnten wir uns besser auf ausgebildete Überwachungsbeamte, als auf die Infanterie verlassen. Wenn zum Beispiel eine Automobilfabrik den Vertrag verletzt und ihre Anlagen auf die Herstellung von Kriegsmaterial umstellt, würden die Überwachungsbeamten dies dem alliierten Kontrollrat melden und dieser würde die deutsche Regierung auffordern, die Herstellung zu unterbinden und den Schuldigen zu bestrafen. Leistet die deutsche Regierung der Aufforderung nicht Folge, würden die alliierten Nationen Schritte unternehmen, die Befolgung durch die deutsche Regierung zu erzwingen.

Unser Vorschlag für dieses Abkommen wurde nicht angenommen.13) Sicherungsstreitkräfte werden unglücklicherweise wahrscheinlich noch lange Zeit in Deutschland bleiben müssen. Man darf mich nicht mißverstehen. Wir wollen uns unseren Verpflichtungen nicht entziehen. Wir ziehen uns nicht zurück. Wir bleiben hier und werden unseren Anteil an der Last auf uns nehmen. Solange die Anwesenheit von Besatzungskräften in Deutschland notwendig ist, wird die Armee der Vereinigten Staaten einen Teil dieser Besetzungsmacht bilden.14)

Die Vereinigten Staaten treten für die baldige Bildung einer vorläufigen deutschen Regierung ein. Fortschritte in der Entwicklung der örtlichen Selbstverwaltung und der Landesselbstverwaltungen sind in der amerikanischen Zone Deutschlands erzielt worden, und die amerikanische Regierung glaubt, daß ein ähnlicher Fortschritt in allen Zonen möglich ist.

Die amerikanische Regierung steht auf dem Standpunkt, daß die vorläufige Regierung nicht von anderen Regierungen ausgesucht werden soll, sondern daß sie aus einem deutschen Nationalrat bestehen soll, der sich aus den nach demokratischen Prinzipien verantwortlichen Ministerpräsidenten oder anderen leitenden Beamten der verschiedenen Länder zusammensetzt, die in jeder der vier Zonen gebildet worden sind. Unter Vorbehalt der Befugnisse des Alliierten Kontrollrats soll der deutsche Nationalrat für die sachgemäße Erfüllung der Aufgaben der zentralen Verwaltungsbehörden verantwortlich sein, die ihrerseits angemessene Machtbefugnisse besitzen sollen, um die Verwaltung Deutschlands als einer Einheit, wie sie in den Potsdamer Beschlüssen geplant war, zu sichern.

Der deutsche Nationalrat sollte auch mit der Vorbereitung des Entwurfes einer Bundesverfassung für Deutschland beauftragt werden, die unter anderem den demokratischen Charakter des neuen Deutschlands, die Menschenrechte, und die grundsätzlichen Freiheiten aller seiner Einwohner sichern soll. Nach grundsätzlicher Genehmigung durch den Alliierten Kontrollrat wäre die vorgeschlagene Verfassung einer gewählten Versammlung zur endgültigen Formulierung vorzulegen und sodann dem deutschen Volk zur Ratifizierung zu unterbreiten.

Während wir darauf bestehen werden, daß Deutschland die Grundsätze des Friedens, der gutnachbarlichen Beziehungen und der Menschlichkeit befolgt, wollen wir nicht, daß es der Vasall irgendeiner Macht oder irgendwelcher Mächte wird oder unter einer in- oder ausländischen Diktatur lebt. Das amerikanische Volk hofft, ein friedliches und demokratisches Deutschland zu sehen, das seine Freiheit und Unabhängigkeit erlangt und behält.

Nun ist es auch Zeit, die Grenzen des neuen Deutschlands festzusetzen. Österreich ist bereits als freies und unabhängiges Land anerkannt worden.15) Seine zeitweilige und erzwungene Vereinigung mit Deutschland war für beide Länder kein glücklicher Zustand, und die Vereinigten Staaten sind überzeugt, daß es im Interesse beider Länder und des Friedens für Europa liegt, wenn jedes seinen eigenen Weg geht.

In Potsdam wurden, vorbehaltlich einer endgültigen Entscheidung durch die Friedenskonferenz, bestimmte Gebiete, die einen Teil Deutschlands bildeten, vorläufig der Sowjetunion und Polen zugewiesen. Damals waren diese Gebiete von der Sowjetarmee und von der polnischen Armee besetzt. Es wurde uns gesagt, daß die Deutschen aus diesen Gebieten in großer Zahl flüchteten und daß es im Hinblick auf die durch den Krieg hervorgerufenen Gefühle tatsächlich schwierig sein würde, das wirtschaftliche Leben dieser Gebiete wieder in Gang zu bringen, wenn diese nicht als integrale Bestandteile der Sowjetunion beziehungsweise Polens verwaltet würden.

Die Staatsoberhäupter erklärten sich damit einverstanden, bei den Friedensregelungen den Vorschlag der Sowjetregierung hinsichtlich der endgültigen Übertragung der Stadt Königsberg und des anliegenden Gebietes an die Sowjetunion zu unterstützen. Sofern die sowjetische Regierung ihre Auffassung diesbezüglich nicht ändert, werden wir an diesem Abkommen festhalten.

Was Schlesien und andere ostdeutsche Gebiete anbetrifft, so fand die zu Verwaltungszwecken erfolgte Übergabe dieses Gebietes durch Rußland an Polen vor der Potsdamer Zusammenkunft statt. Die Staatsoberhäupter stimmten zu, daß Schlesien und andere ostdeutsche Gebiete bis zur endgültigen Festlegung der polnischen Westgrenze durch den polnischen Staat verwaltet und zu diesem Zwecke nicht als Teil der russischen Besatzungszone in Deutschland angesehen werden sollten. Wie aus dem Protokoll der Potsdamer Konferenz hervorgeht, einigten sich die Staatsoberhäupter jedoch nicht dahingehend, die Abtretung eines bestimmten Gebietes zu unterstützen.

Rußland und Polen haben schwer durch Hitlers einfallende Armeen gelitten. Durch das Abkommen von Jalta hat Polen an Rußland das Gebiet östlich der Curzon-Linie16) abgetreten. Polen hat dafür eine Revision seiner nördlichen und westlichen Grenzen verlangt. Die Vereinigten Staaten werden eine Revision dieser Grenzen zugunsten Polens unterstützen. Der Umfang des an Polen abzutretenden Gebietes kann jedoch erst entschieden werden, wenn das endgültige Abkommen darüber getroffen ist.

Die Vereinigten Staaten finden, daß sie Frankreich, in welches Deutschland innerhalb von 70 Jahren dreimal eingefallen ist, seinen Anspruch auf das Saargebiet,17) dessen Wirtschaft mit Frankreich eng verbunden ist, nicht verweigern können. Natürlich müßte Frankreich, wenn ihm das Saargebiet eingegliedert wird, seine Reparationsansprüche an Deutschland entsprechend ändern.

Von diesen Veränderungen abgesehen, werden die Vereinigten Staaten keine Eingriffe in unbestritten deutsches Gebiet oder eine Aufteilung Deutschlands, die nicht dem echten Willen der Bevölkerung entspricht, unterstützen.

Soweit den Vereinigten Staaten bekannt ist, wünscht die Bevölkerung des Ruhrgebiets und des Rheinlandes, mit dem übrigen Deutschland vereinigt zu bleiben, und die Vereinigten Staaten werden sich diesem Wunsch nicht widersetzen.18)

Obgleich die Ruhrbevölkerung dem Nazieinfluß als letzte erlegen war, ist es Tatsache, daß die Nazis ohne alle Hilfsmittel des Ruhrgebietes niemals hätten die Welt bedrohen können. Nie wieder dürfen diese Hilfsmittel für Zerstörungszwecke benutzt werden. Sie müssen für den Wiederaufbau eines freien und friedlichen Deutschlands und eines freien und friedlichen Europas Verwendung finden. Die Vereinigten Staaten werden für solche Kontrollmaßnahmen für ganz Deutschland, einschließlich des Ruhrgebietes und des Rheinlandes, eintreten, die aus Sicherheitsgründen erforderlich sind. Sie werden helfen, diese Maßnahmen durchzusetzen. Sie werden jedoch nicht für solche Maßnahmen eintreten, die Ruhrgebiet und Rheinland - unmittelbar oder mittelbar - einer politischen Beherrschung oder politischen Manipulation seitens ausländischer Mächte unterwerfen.

Das deutsche Volk empfindet heute die verheerenden Folgen des Krieges, den Hitler und seine Günstlinge über die Welt gebracht haben. Andere Völker bekamen diese verheerenden Folgen lange vor dem deutschen Volk zu spüren. Das deutsche Volk muß einsehen, daß es Hitler und seine Günstlinge waren, die unschuldige Männer, Frauen und Kinder quälten und ausrotteten und die versuchten, mit den deutschen Waffen die Welt zu beherrschen und zu erniedrigen. Es waren die gesammelten zornentbrannten Kräfte der Menschheit, die sich den Weg nach Deutschland hinein erkämpfen mußten, um der Welt die Hoffnung auf Freiheit und Frieden zu geben.

Das amerikanische Volk, das für die Freiheit gekämpft hat, hat nicht den Wunsch, das deutsche Volk zu versklaven. Die Freiheit, an welche die Amerikaner glauben und für die sie kämpfen, ist eine Freiheit, an der alle teilhaben sollen, die gewillt sind, die Freiheit anderer zu achten.

Die Vereinigten Staaten haben fast alle in ihrem Lande befindlichen Kriegsgefangenen nach Deutschland zurückgeschickt. Wir unternehmen unverzüglich Schritte, um die in anderen Teilen der Welt in unserer Hand befindlichen deutschen Kriegsgefangenen baldigst zurückzusenden.

Die Vereinigten Staaten können Deutschland die Leiden nicht abnehmen, die ihm der von seinen Führern angefangene Krieg zugefügt hat. Aber die Vereinigten Staaten haben nicht den Wunsch, diese Leiden zu vermehren oder dem deutschen Volk die Gelegenheit zu verweigern, sich aus diesen Nöten herauszuarbeiten, solange es menschliche Freiheit achtet und vom Wege des Friedens nicht abweicht.

Das amerikanische Volk wünscht, dem deutschen Volk die Regierung Deutschlands zurückzugeben. Das amerikanische Volk will dem deutschen Volk helfen, seinen Weg zurückzufinden zu einem ehrenvollen Platz unter den freien und friedliebenden Nationen der Welt."
 

1) - Quellen:
Als amerikanische Fassung gilt der vom State Departement veröffentlichte Text.
Vgl.: Byrnes Papers in the library of Clemson University, South Carolina; "James F. Byrnes and The Origins of the Cold War"; ed. by Kendrick A. Clements
Deutsche Fassungen: Stuttgarter Zeitung, 7. September 1946; Europa-Archiv, Dezember 1946; Diese Rede wurde in Deutschland unter der populären Bezeichnung "Rede der Hoffnung" bekannt.
Vgl. die Textpassagen unten S.I "ich hoffe, daß das deutsche Volk"; S.IX "das amerikanische Volk hofft" und S.XI "der Welt die Hoffnung auf Freiheit und Frieden geben".

2) Nach dem Ersten Weltkrieg praktizierten die USA eine Politik der Isolation, indem sie sich aus der europäischen Nachkriegspolitik weitgehend zurückzogen.

3) Der Völkerbund (1920-1946) wurde auf Vorschlag des US-Präsidenten Thomas Woodrow Wilson gegründet. Die USA traten dem Völkerbund jedoch nicht bei.

4) Die UNO war - auf die Initiative des US-Präsidenten Franklin D. Roosevelt hin - am 26. Juni 1945 in San Francisco gegründet worden mit dem Ziel, nach dem Scheitern des Völkerbundes und der Katastrophe des Zweiten Weltkrieges, international Frieden und Sicherheit zu garantieren. Am 24. Oktober 1945 trat die Charta der Vereinten Nationen (am "Tag der Vereinten Nationen") in Kraft.

5) Die Potsdamer Konferenz dauterte vom 17. Juli bis 2. August 1945: Die drei Kriegsverbündeten (US-Präsident Harry S. Truman (1884-1972), UdSSR-Premier Josef W. Stalin (1879-1953), UK-Premierminister Winston L. Churchill (1874-1965), nach den britischen Wahlen vom Clement R. Attlee (1883-1967) abgelöst) einigten sich auf Vier-Mächte-Besatzungszonen (der USA, des UK, der UdSSR und Frankreichs) für Nachkriegsdeutschland sowie auf eine umfassende Neuordnung der deutschen Wirtschaft und der deutschen Verwaltungseinrichtungen.

6) Ein Beispiel für diese Politik war das am 5.3.1946 erlassene "Gesetz zur Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus in der US-Zone", in: "Gesetz der Militärregierung und des Kontrollrats", I/1, 7 (III).

7) Die bereits in Jalta vereinbarten Reparationszahlungen Deutschlands wurden im Potsdamer Abkommen näher modifiziert. In diesem Punkt hatten sich Unterschiede zwischen den USA auf der einen Seite und Frankreich und der Sowjetunion auf der anderen Seite entwickelt. Die Sowjetunion und Frankreich versuchten 1946 wiederholt, die Reparationszahlungen zu ihren Gunsten zu verändern.

8) Der am 5. Juni 1945 gebildete "Alliierte Kontrollrat", dem am 8. August 1945 gebildeten obersten Regierungsorgan der Besatzungsmächte für Deutschland (Frankreich, Großbritannien, UdSSR, USA), etablierte sich am 30. August 1945 in Berlin.

9) Der Zusammenschluß der amerikanischen und britischen Besatzungszone zum "Vereinigten Wirtschaftsgebiet", der sogenannten "Bizone", erfolgte am 1. Januar 1947. Durch den Beitritt der französischen Besatzungszone zur Bizone am 8. April 1949 entstand die "Trizone", welche nun die drei westlichen Besatzungszonen Deutschlands umfaßte.

10) Die sowjetischen und französischen Truppen lebten aus ihrer jeweiligen Zone, weil ihr eigener dürftiger Nachschub nicht ausreichte. Die Sowjets rechtfertigten dies als eine Art von Reparationen, aber sie waren auch selber in einer akuten Notsituation und konnten keine Armee im Ausland unterhalten. Die Franzosen nannten ähnliche Gründe, um große Materialmengen aus ihrer Zone wegzuschaffen und ihre Besatzungsarmee einschließlich ihrer Angehörigen in Deutschland zu versorgen.

11) Die Forderung zur bedingungslosen Kapitulation des Deutschen Reiches wurde erstmals auf der Konferenz von Casablanca (14. - 26.1. 1943) erhoben, danach auf den Konferenzen von Teheran (28.11. - 1.12. 1943) und Jalta (4. - 11.2. 1945) bestätigt.

12) Zum Zeitpunkt der Byrnes-Rede beriet das Internationale Militärtribunal (IMT) in Nürnberg im Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher die Urteile.

13) Byrnes meinte damit das Scheitern seines Vorschlags für einen "Treaty for Desarmament and Demilitarization of Germany" während der Pariser Außenministerkonferenz im April 1946. Die Vorstellung von Byrnes wurde von den Sowjets abgelehnt, in der Hoffnung, ein längeres Engagement der USA zu verhindern.
Vgl. Hermann Graml, Die Alliierten und die Teilung Deutschlands, Konflikte und Entscheidungen 1941-1948, 1985, S. 150-158

14) General Clay hielt diese Texptpassage für die wichtigste Festellung der Rede.

15) Nach der Vier-Mächte-Besatzungsherrschaft vom April 1945 bis zum Januar 1946 wurde Österreich am 7. Januar 1946 eine eigene Republik innerhalb seiner Grenzen von 1937 (sog. Zweite Republik Österreich). Österreich blieb jedoch bis zum Abschluß des Staatsvertrags vom 15. Mai 1955 in vier Besatzungszonen eingeteilt mit seiner ebenfalls in Sektoren aufgeteilten Hauptstadt Wien. Die österreichische Neutralität wurde im Staatsvertrag vom 15. Mai 1955 festgeschrieben.

16) Hier wird auf die Konferenz von Jalta vom 4. - 11. Februar 1945 Bezug genommen: Die polnische Westgrenze sollte in einem späteren Friedensvertrag festgelegt werden, die Curzon-Linie setzte Stalin in Jalta als polnische Ostgrenze durch. Sie wurde erstmals im Dezember 1919 als polnische Grenze zur Sowjetunion nach dem Ersten Weltkrieg vom britischen Außenminister Lord George N. Curzon (1859-1925) vorgeschlagen und von Polen nicht akzeptiert. Nach dem polnisch-sowjetischen Krieg erfolgte die tatsächliche Grenzziehung auf der Friedenskonferenz von Riga am 18. März 1921; sie verlief wesentlich weiter ostwärts. Die "Curzon-Linie" diente dann auch der neuen polnisch-sowjetischen Grenze, die durch den Hitler-Stalin-Pakt vom 23. August 1939 festgelegt wurde, zur Orientierung.

17) Die "Saar-Frage" wurde nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst durch einen Sonderstatus des Saarlandes (wirtschaftlicher Anschluß an Frankreich) geregelt.

18) Diese Bemerkung richtete sich primär an Frankreich, dessen Politik beabsichtigte, die linksrheinischen Gebiete von Deutschland abzutrennen und das Ruhrgebiet zu internationalisieren.